Nach dem Sieg über den Ausverkauf der IAM-Gewerkschaft muss die Belegschaft selbst den Boeing-Streik kontrollieren!

Streikende Boeing-Arbeiter in Everett (Washington)

33.000 Boeing-Arbeiter traten am Freitag vor einer Woche in Streik, nachdem sie mit großer Mehrheit einen Tarifvertragsvorschlag mit einer Laufzeit von vier Jahren abgelehnt hatten, den die Gewerkschaft International Association of Machinists (IAM) empfohlen hatte. Die Beschäftigten in den Bundesstaaten Washington, Oregon und Kalifornien bestreiken den riesigen Luft-, Raumfahrt- und Rüstungskonzern, um massive Lohnerhöhungen zu fordern, als Ausgleich für ein Jahrzehnt von Lohnstopp und für die Wiedereinführung von Betriebsrenten.

Am Vorabend der Vertragsabstimmung gründete eine Gruppe militanter Beschäftigter das Aktionskomitee der Boeing-Arbeiter, um sich der Sabotage ihres Kampfes durch die IAM-Bürokratie zu widersetzen und die Entscheidungsfindung und die Macht vom Gewerkschaftsapparat auf die Beschäftigten in den Betrieben zu übertragen.

Als der Streik in seine erste volle Woche ging, hat das Aktionskomitee die folgende Erklärung herausgegeben, in der es die Probleme darlegt, mit denen die Beschäftigten konfrontiert sind. Sie erschien am Sonntag in englischer Sprache.

Um das Aktionskomitee zu kontaktieren, schreibt eine SMS an (406) 414-7648 oder eine E-Mail an boeingworkersrfc@gmail.com. Alternativ könnt ihr auch das Formular am Ende dieses Artikels ausfüllen, um mit dem Aktionskomitee in Kontakt zu treten.

Kolleginnen und Kollegen,

Der Streik bei Boeing, den die Belegschaft in der vergangenen Woche begonnen hat, von Neueingestellten bis hin zu langjährigen Beschäftigten, war eine mächtige Demonstration unserer Geschlossenheit sowohl gegenüber der Unternehmensleitung als auch gegenüber der IAM-Führung, die uns diesen Ausverkaufsvertrag vorgelegt hat.

An den Streikpostenketten herrschte große Freude darüber, dass wir uns nach all den Jahren der Vertragsverlängerungen, die unsere Reallöhne aufgefressen und unsere Renten geraubt haben, endlich zur Wehr setzen.

Wir Beschäftigten haben das Recht, stolz zu sein. Aber Enthusiasmus reicht nicht aus, um diesen Kampf zu gewinnen. Mit Wochenbeginn müssen wir alle eine Bestandsaufnahme der Situation vornehmen, die Gegenmaßnahmen sorgfältig bewerten, die von dem Unternehmen, der US-Regierung und der IAM-Bürokratie vorbereitet werden. Wir müssen die Initiative in den Händen der Mitglieder behalten. Dazu müssen wir eine Strategie entwerfen, um unsere Interessen ebenso rücksichtslos zu verteidigen, wie unsere Klassenfeinde die ihren zu verteidigen versuchen.

In einer aktuellen Streik-Nachricht vom Freitag erklärte die IAM-Verhandlungskommission: „Die überwältigende Abstimmung vom Donnerstag war ein Zeichen unserer Einigkeit.“ Sie seien stolz auf uns.

Wem wollen sie hier etwas vormachen?

Die Abstimmung zeigte die Einigkeit der Basis gegen die Ausverkäufer im Gewerkschaftsapparat, nicht aber die Einigkeit mit der Führung, die versucht hat, uns diesen Müll aufzudrängen. Der Präsident des IAM-Distrikts 751, Jon Holden, war sichtlich erschüttert und entmutigt, als er letzte Woche das Abstimmungsergebnis las. Das liegt daran, dass all die alten Tricks, mit denen die Gewerkschaftsbürokratie ihre früheren Verträge zu verkaufen versuchte, diesmal kläglich gescheitert sind; insbesondere der Versuch, neu eingestellte Arbeiter mit Zustimmungs-Boni zu bestechen.

Stattdessen haben die jungen Arbeiter, die zu Löhnen eingestellt werden, die unter denen von McDonald’s und Aldi liegen, und die Lohnkürzungen in Kauf genommen haben, um bei Boeing zu arbeiten, weil ihnen eine bessere Zukunft versprochen wurde, entschieden mit „Nein“ gestimmt. Das liegt daran, dass sie es sich nicht leisten können, eine Wohnung zu mieten, geschweige denn ein Haus zu kaufen oder eine Familie zu gründen. Sie haben sich mit langjährigen Arbeitern zusammengetan, die seit mehr als zehn Jahren keine Gehaltserhöhung mehr erhalten haben. Gemeinsam haben sie mit einer Stimme gesprochen: „Das lassen wir uns nicht mehr gefallen!“

In der aktualisierten Nachricht des IAM-Verhandlungskomitees hieß es dann: „Die Zuversicht ist groß, da die Mitglieder die Kontrolle über die nächsten Schritte zur Erreichung unserer Ziele übernehmen.“

Aber ein paar Sätze später heißt es, dass die Schlichtungsstelle der Regierung (Federal Mediation and Conciliation Services - FMCS) in die Verhandlungen eingreift und dass die IAM diese Woche mit FMCS und dem Unternehmen zusammentreffen wird.

Entschuldigung, Herr Holden und Konsorten, wir sind nicht dumm. Die von der Regierung beauftragten Schlichter sind nicht neutral. Die Biden-Harris-Regierung, nicht weniger als Trump und die Republikaner, sind von Boeing gekauft und bezahlt. Vor zwei Jahren stimmten der Präsident wie auch die Demokraten und Republikaner im Kongress dafür, einen Streik von 110.000 Eisenbahnarbeitern zu verbieten und ihnen einen konzernfreundlichen Vertrag aufzuzwingen, den die Arbeiter abgelehnt hatten.

Damals erklärten die von den Konzernen kontrollierten Politiker, ein Streik der Eisenbahner würde die US-Wirtschaft stören und die „nationale Sicherheit“ gefährden. Wenn sie den Eisenbahnern und Eisenbahnerinnen schon aus diesen Gründen das Streikrecht entzogen haben, wären wir dumm zu glauben, dass sie das nicht auch mit uns vorhaben.

Boeing ist ein wichtiger Militärlieferant, und die US-Regierung will keine Unterbrechung wichtiger Militärlieferungen an Israel, die Ukraine und andere Länder.

Die Behauptung der Boeing-Bosse, der IAM-Führer und der Bundesschlichter, dass eine „Win-Win“-Einigung erzielt werden könne, ist völliger Unsinn. Hier geht es nicht nur um einen Tarifvertrag. Es handelt sich um ein Aufeinandertreffen gegensätzlicher Kräfte, deren Interessen unvereinbar sind. In einem solchen Fall wird der Sieger dadurch bestimmt, wer die mächtigsten Kräfte im Kampf mobilisieren kann.

Boeing ist ein riesiges Unternehmen, dessen Führungskräfte und Aktionäre Teil der Finanzoligarchie sind, die Amerika beherrscht. Seit Jahrzehnten führen sie einen Krieg gegen die Arbeiterklasse. Die Gegenwart ähnelt mehr und mehr dem Goldenen Zeitalter, als die Rockefellers, Morgans, Goulds und andere Raubritter mit eiserner Faust über ihre Lohnsklaven herrschten. Der einzige Unterschied ist, dass die Konzentration von Reichtum und Macht der Oligarchie heute exponentiell größer ist.

Auf der anderen Seite steht die Arbeiterklasse, die den gesamten Reichtum der Gesellschaft produziert. Unser Streik ist Teil des wachsenden Widerstands von Arbeitern in ganz Amerika und der Welt, die sich nicht mit dem neuen Normalzustand der arbeitenden Armen abfinden wollen. Mit unserem überwältigenden Votum gegen diesen Vertrag und für Streik, sprechen wir nicht nur für uns, sondern für Millionen.

Die IAM-Funktionäre wollen uns zu Statisten in einem Film degradieren, den sie selbst drehen. Ihnen zufolge besteht unsere einzige Rolle im Ausfüllen einer Umfrage als „zusätzlichen Input für die Verhandlungskommission“, damit die Gewerkschaftsfunktionäre angeblich „unsere Interessen wirksam vertreten können“.

Wenn wir es ihnen überlassen, werden die IAM-Führer und Boeing ein paar Cent hier und da verschieben und uns zwingen, über einen neu verpackten Vertrag abzustimmen, der im Wesentlichen derselbe ist wie der, den wir gerade abgelehnt haben.

Wenn wir gewinnen wollen, müssen die Mitglieder die nächste Phase des Kampfes wirklich selbst in die Hand nehmen. Wir haben das Aktionskomitee der Boeing-Arbeiter gegründet, weil wir um die enorme Macht der Arbeiter in den Betrieben wissen und die Notwendigkeit verstehen, dass die Belegschaften und nicht die IAM-Bürokratie diesen Kampf kontrollieren müssen. Nur auf diese Weise können wir für das kämpfen und gewinnen, was wir brauchen, und nicht für das, was das Unternehmen, die Regierung und die Gewerkschaftsbürokraten für bezahlbar halten.

Jeder Arbeiter muss sich an diesem Kampf beteiligen, nicht nur an den Streikposten, sondern auch an der Festlegung unserer Forderungen. Unser Aktionskomitee hat eine Reihe von Forderungen aufgestellt, die unserer Meinung nach von den Arbeitern als das Minimum dessen, was wir akzeptieren werden, angenommen werden sollten.

Wir werden einen Vertrag nicht akzeptieren, wenn er nicht Folgendes enthält:

  • Eine inflationsbedingte Lohnerhöhung von 50 Prozent plus einen an die Preise im Großraum Seattle gebundene, rückwirkend bis 2014 geltenden Inflationsausgleich.

  • Die Wiederherstellung der vollständig vom Unternehmen bezahlten Betriebsrente für alle Beschäftigten.

  • Keine Probezeitklausel für Arbeiter, die Boeing die Möglichkeit gibt, neue Arbeiter nach Belieben einzustellen und zu entlassen.

  • Keine obligatorischen Überstunden.

  • Deutlich reduzierte Krankenversicherungsprämien.

  • Kontrolle der Produktionsstandards, der Qualität und der Sicherheit durch die Belegschaft.

Um dies zu erreichen, schlagen wir Folgendes vor:

  • Keine Verhandlungen hinter verschlossenen Türen zwischen der IAM, Boeing, den Bundesschlichtern und der Regierung Biden-Harris. Alle Verhandlungen sollen live übertragen werden und Beobachter aus den Reihen der Belegschaft einschließen, die von den Beschäftigten in den Betrieben gewählt werden.

  • Sofortiges und rückwirkendes Streikgeld von 750 Dollar pro Woche. Dieser Streikfonds gehört den Mitgliedern, nicht den Gewerkschaftsbürokraten. Die IAM hat ein Vermögen von 300 Millionen Dollar, hunderte von Millionen in Wall-Street-Investitionen und zahlt 4,4 Millionen Dollar an Gehältern an ihre Spitzenfunktionäre aus, darunter 668.000 Dollar an IAM-Chef Robert Martinez im Jahr 2023. Darüber hinaus gab die IAM 3,3 Millionen Dollar für „Lobbyarbeit“ bei den konzerngesteuerten Parteien der Demokraten und Republikaner aus. Diese Mittel müssen eingesetzt werden, um die Arbeiter für die Art von Kampf zu unterstützen, die notwendig ist, um diesen riesigen Konzern zu bekämpfen.

  • Wir können diesen Kampf nicht allein gewinnen. Der Streik muss auf alle Teile der Boeing-Beschäftigten ausgedehnt werden, einschließlich der Ingenieure in der SPEEA und der nicht gewerkschaftlich organisierten Arbeiter im Werk South Carolina. Es sollten Informationsstreikposten aufgestellt werden, um die Unterstützung der Hafenarbeiter, der Eisenbahner, der Beschäftigten des Staates Washington, der Beschäftigten im Gesundheitswesen und im Bildungswesen zu gewinnen.

  • Eine spezielle Kampagne, um die Beschäftigten der Fluggesellschaften Air Canada und Airbus auf internationaler Ebene zu erreichen.

In der Bevölkerung gibt es enorme Unterstützung für unseren Kampf, auch bei den Piloten von United Airlines. Aber diese muss mobilisiert werden, und unser Kampf muss zu einer kraftvollen Gegenoffensive der gesamten Arbeiterklasse werden, um die Rechte zu sichern, die wir verdienen.

Wenn ihr dem zustimmt, dann schließt euch uns an! Nehmt mit uns Kontakt auf, um den Kampf für die Kontrolle durch die Belegschaft fortzusetzen, indem ihr uns eine Nachricht an (406) 414-7648 schickt.

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